Ich reise entspannt, von Frau und Kinder liebevoll verabschiedet, mit dem Zug nach München um nach Berlin Tegel zu fliegen. (Das ist unlogisch, aber es wurde so für mich gebucht.) Geplante Umsteigezeit: 50 Minuten! Da muss ja etwas schief gehen.
Ein Flughafenangestellter sammelte alle Umsteiger ein und rannte mit uns im Laufschritt durch das Flughafengebäude und teils außen herum zur Sicherheitskontrolle. Ich habe es geschafft…
Der Flug mit Etihad Airways über Nacht nach Abu Dhabi und der Aufenthalt im (etwas zu kühlen) Terminal dort, ist angenehm. Dann ging es weiter nach Kathmandu. An der Gepäckausgabe bekamen dann alle ihre Koffer, lediglich meine beiden roten Seesäcke fehlen. Außer einem Schulterzucken bekomme ich am Schalter einen rosa Zettel – soll mich am nächsten Tag wieder melden.
Ich fahre also zum Hotel Shakti in den Stadtteil Thamel, checke ein und lerne Bergsteigerkollege James aus Schottland kennen, mit dem ich mir das Zimmer teile.
Nach einem kurzen Plausch ziehe ich noch einmal allein in die Nacht hinaus, muss ja noch etwas essen. Ich finde einen schönen kleinen Laden, in dem Sandwiches frisch mit einheimischen Zutaten belegt werden. Es schmeckt superlecker. So lasse ich den Tag ausklingen.
Schon morgens um 7.00 Uhr gibt es Frühstück, einfach aber gut.
Als wir den letzen Schluck Kaffee getrunken hatten, kommt so ein Typ zu mir, mustert mich und fragt zu meinem Erstaunen, ob ich zum Cho Oyu gehe. Als ich etwas verwirrt bejahe, stellt er sich vor: „I`m Dan Mazur“ – unser Expeditionsleiter.
8.00 Uhr ist Briefing. Wir werden in den ganzen Ablauf der Tour eingeweiht, bekommen die Liste der benötigten Ausrüstungsgegenstände. Im Anschluss gehen wir noch fehlende Dinge einkaufen.
Noch immer hält der Monsun an, es regnet den ganzen Tag. Kathmandu versinkt in Schlamm und braunem Wasser. Und dann ist da ja auch noch mein fehlendes Gepäck. Eigentlich hatte ich mich echt auf diese Stadt gefreut und nun sind meine Gedanken ganz wo anders. Einige Kleidungstücke kaufe ich nach, einiges Daunenzeug und schwere Bergstiefel leihe ich mir vorsorglich von Summit Climb.
Am Nachmittag fahre ich mit Deha, einem nepalesischen Angestellten von Summit Climb, erneut zum Flughafen. Im Büro von Etihad Airways ist keiner zu erreichen. Nach endlosem Hin und Her bekomme ich die Info, Berlin-Tegel hat es verschlampt, mein Gepäck soll morgen über Doha hierher kommen. Nur werde ich dann leider nicht mehr in der Stadt sonder bereits in Tibet sein! Deha bekommt also von mir eine Vollmacht, meine Sachen abzuholen und mir diese in mehreren und mit verschiedenen Leuten nachzuschicken. Der zu erwartende Erfolg der Aktion ist mehr als fraglich. Er selbst meint: „Das hier ist Nepal. Es wird nicht funktionieren.“
Das ganze Hickhack dauert so lange, dass ich unser erstes gemeinsames Abendessen verpasse, doppelt ärgerlich. Gehe ich eben noch einmal allein in Thamel essen.
Schon 4.20 Uhr klingelt mein Wecker. Als Frühstück habe ich mir ein Lunchpaket bestellt.
Bei gelegentlichem Regen starten wir etwa 1 Stunde später mit unserem Bus. Über dem ganzen Tal hängen schwere Monsunwolken. Wir passieren, auf holprigen in die Berge geschlagene Pisten, massig Kontrollen. Irgendwann stockt der Verkehr. An einer Steigung ist ein LKW umgestürzt. Nun müssen nach und nach die angestauten Fahrzeuge aus beiden Richtungen daran vorbei, ohne selbst zu havarieren.
10.30 Uhr bekommen wir unser 2. Frühstück im 1665m hoch gelegenen nepalesischen Grenzort Kodari. Nur wenig weiter müssen wir unser Fahrzeug stehen lassen und zu Fuß über die Freundschaftsbrücke nach Tibet / China. Gepäck und Ausrüstung werden von (überwiegend) Frauen getragen. Bei denen fallen mir sofort zahlreiche Tätowierungen in Gesicht und an den Händen auf. Viele von ihnen tragen zusätzlich zur Last auch noch ihr Kleinkind mit.
Ein „gefüllter“ Händedruck mit offenbar wichtigen Chinesen beschleunigt die Prozedur und so gelangen wir zügig und recht unbehelligt durch alle Kontrollen. „Drüben“ steigen wir in zwei Offroader und fahren in steilen Serpentinen hoch nach Zhangmu auf 2225m. Dort gibt es zu Mittag reichlich Dal Bhat.
In ganz China gilt Pekingzeit, also stellen wir die Uhren zu den 43/4 Stunden Zeitverschiebung in Nepal noch einmal 21/4 Stunden vor. Weiter geht es mit dem Auto bis gegen 18.00 Uhr nach Nyalam auf schon 3750m Höhe. Nyalam bedeutet Hölle, weil hier immer schlechtes Wetter sein soll.
Zum Abendessen gibt es natürlich kein Besteck, sondern nur Stäbchen. Nicht jeder aus unserer Truppe kommt damit klar. Die Mahlzeit wir auf einem riesigen auf dem Tisch montierten Drehteller serviert und besteht aus einer unglaublichen Vielfalt von Kartoffeln, Nudeln, Reis, Gemüse und Fleisch – echt super.
Die erste Nacht im Gebirge konnte ich super schlafen, hätte fast das 9.00 Uhr Frühstück verschlafen. Plan für heute ist die Besteigung des nahen Kagali zur Akklimatisation.
Nach dem Essen brechen wir auf. Zuerst müssen wir einen Übergang über den Fluss finden. Ein schmaler wackeliger Steg lässt uns trockenen Fußes hinüber gelangen.
Auf halber Höhe des heiligen Berges weiden einige Kühe. Neben einigen mageren Grasbüscheln haben sie es wohl auf einige bunte Blumen und Unmengen von Edelweiß abgesehen.
Am Vorgipfel rasten wir und stellen zu unserer Überraschung fest, dass uns ein Hund vom ganz unteren Kontrollposten am Fuß des Berges, bis hierher gefolgt ist.
Unsere Gruppe trennt sich, nur Matt und ich steigen noch bis zum 4360m hohen Gipfel. Wir machen Fotos und ich nehme noch einen Stein für eine Freundin mit. Danach steigen wir ab und sind 14.00 Uhr zum Mittag wieder im Ort.
Es gibt auch neues aus Nepal. Mein Gepäck ist endlich in Kathmandu angekommen und soll mir nachgeschickt werden.
Weniger erfreulich ist, dass unsere Gasflaschen (zum Kochen im BC) nicht über die Grenze durften. Die Chinesen fürchten wohl, wir bauen einen Bomben. So müssen wir kurzfristig neue besorgen, dazu auch noch Druckregler und Anschlüsse an unsere Kocher.
Das 4340m hoch gelegene Tingri erreichen wir 14.30 Uhr. Endlich gibt es Mittagessen, das aber reichlich und ausgesprochen lecker. Neben Reis werden uns gebratenes Fleisch mit Zwiebeln, gebratenem Chili, gebratene Bohnen, gedünsteter Mangold, Rührei, mit Tomaten, Kartoffelsticks und Suppe mit Gurke gereicht.
Gut gestärkt besuchen wir einen nahen Aussichtspunkt. Das Panorama reicht über eine weite Ebene bis zum Everest und hin zum Cho Oyu. Wir sind begeistert.
Im Abstieg streifen wir noch durch einen älteren Teil von Tingri. Der eigentliche Ort erinnert mich an eine Westernstadt: lange gerade Hauptstraße, Staub und Wind. Kühe und Hunde, Motorräder und knatternde Traktoren umkurven einander.
Tagsüber hat das Hotel keinen Strom, als dusche ich kalt (macht auch sauber, aber vor allem frisch).
Gas haben wir noch keins. Ein LKW soll in die nächstgrößere Stadt fahren und welches holen.
Unser Abendessen ist genauso hervorragend wie das Mittagessen. Nur der nächtliche Teehausbesuch muss für James und mich ausfallen, wir finden den Rest unserer Gruppe nicht. Gehen wir eben noch ein wenig spazieren und holen den Tee für die Nacht eben in unserer Küche.