8.30 Uhr blauer Himmel, es wird fast windstill. Weitere vier Leute unserer Gruppe geben auf, steigen ab. Ich will mit Christian weiter hoch, sehen, was geht, wenigstens zur großen Spalte, eventuell an den Grat. Christian kommt aus Lofer in Österreich, ist 35, hat Kraft für zwei, ist ein zäher Hund – ein guter Bergsteiger. Wir passen gut zusammen, verstehen uns blind.
Wir gehen weiter, erreichen bald die ersten steilen und ausgesetzten Abschnitte. Über tiefe Spalten sind Fixseile verlegt. Hier oben kommt uns noch ein einzelner Sherpa entgegen. Er steigt ab. Nun sind wir zwei die Einzigen am Berg. Die Aussicht auf Ama Dablam und unzählige weitere Berge ist atemberaubend.
Um 13.30 Uhr auf 6830 m erreicht mich Dirk per Funk. Im Camp 1 sitzend bricht er die Expedition ab, befielt uns sofort nach unten. Er droht uns Extrakosten für einen separaten Hubschrauberausflug an und erzählt mir, dass auch Camp 1 bereits abgebaut ist. Hier wollten wir zwei im Abstieg noch mal schlafen! Nach einigem Hin und Her willige ich ein. Als ich Christian davon berichte, explodiert er fast, will weiter nach oben gehen und später nachkommen. So trennen wir uns.
In dem Eishang turnen viele Träger herum, ohne Steigeisen und Gurt. Ich bin froh, an ihnen vorbeizukommen. Als ich im unteren Bereich des Eishangs bin, verliert jemand einen Tragekorb. Korb und Inhalt stürzen in meine Richtung. Einiges verfehlt mich knapp, der Korb verkeilt sich zwischen meinem Seil und den Felsen, Glück gehabt.
Ich habe nicht besonders gut geschlafen. 8.00 Uhr gibt es Frühstück. Wir bleiben danach noch lange im Dom sitzen, quatschen, haben ja Zeit.
Dirk möchte uns schon morgen ausfliegen lassen. Mailt zum Verantwortlichen von Thamserku, dem örtlichen Anbieter und Besitzer einer Inlandsfluglinie. Aber irgendwie kommt die Sache nicht voran.
Wir packen also unsere Sachen, sortieren die Ausrüstung, die wohl mit Trägern nach Lukla gebracht werden soll in Taschen und packen unseren Rucksack so weit wie möglich. Abends wird klar, dass das mit dem Heliflug wohl nichts wird. Bleiben wir eben noch einen Tag länger im BC, Zeit ist in Nepal nicht so wichtig wie in Europa.
Die letzte Nacht konnte ich mal richtig gut schlafen, freut sich der Körper. Nach dem Frühstück versuchen alle irgendwie die freie Zeit rumzubringen.
Die Kommunikation per Internet hakt, wir bekommen keine Mails mehr rein. Morgen sollten wir ausgeflogen werden und nun doch mit unserem gesamten Gepäck. Nur wann und wie ist noch unklar. Per Satellitentelefon erfahren wir schließlich, dass der Heli morgen früh 8.00 Uhr da sein will und pro Flug 300kg mitnimmt. Das bedeutet drei Leute mit Rucksack, unser großes Gepäck kommt später. Der wird also locker 10-12 Mal fliegen.
Mittags zieht es zu, Schneegriesel setzt ein. Es wird empfindlich kalt. Die kommende Nacht wird mit -16°C im Zelt die kälteste im BC.
Mich befällt eine ganz komische Stimmung, fühle mich als wurde ich hier ausgesetzt. Ich denke, das liegt am Hin und Her ums Ausfliegen.
6.15 Uhr aufstehen, packen, jeder baut sein Zelt ab, 7.00 Uhr Frühstück. Bereits halb acht ist der Heli zum ersten Mal im Anflug. Panik macht sich breit. Nur noch die wenigsten frühstücken in Ruhe zu Ende. Schließlich sitze ich mit Torsten allein im Dom.
Wir nehmen den 4. Flug. Unser dritter Mann ist Klaus. Anfangs fliegen wir das breite Moränental hinunter, bis der Pilot mitten im Nichts zur Landung ansetzt. Wir staunen nicht schlecht, als Rudi und Matthias einsteigen. Die hatten vor uns das BC verlassen und wurden hier zwischengeparkt. Beat, Marc und Catrina mussten fast zwei Stunden in der Wildnis ausharren. Die kamen als letzte in Lukla an und schaffen den Rückflug gerade so.
Melde mich kurz bei der Gruppe ab und gehe hinüber zur Sherpa-Lodge, kenne mich ja hier ein wenig aus, weil ich vor zwei Jahren bereits hier war. Ich möchte gern ein Foto von mir und meinem damaligen „Portering Guide“ für ihn hinterlegen. Nach einigen Fragen werde ich in die Küche geführt und Nuri sitzt persönlich da, ist überrascht. Wir begrüßen uns herzlich und plauder ein wenig. Seine Freunde lachen herzlich, als sie ihn auf dem Bild sehen, ihm gefällt's.
Bald muss ich wieder hinüber zum Tenzing-Hillary-Airport, darf ja meine Maschine nicht verpassen.10.30 Uhr ist Start.
Beim Abheben bemerken wir, dass Christian fehlt! Der war mal für kleine Jungs und hat uns dann verfehlt, dachte anfangs wir wären alle einen Kaffee trinken. Merkte aber bald, dass wir längst in Kathmandu waren. Als er nachfliegen wollte, schloss der Flughafen wegen starker Winde für drei Stunden. Erst 17.00 Uhr kam er mit der letzten Maschine raus.
Auf dem Weg zum gemeinsamen Abendessen, verfahren sich zwei unserer Taxis, finden das verabredete Restaurant nicht.
So gehen wir zu siebt in ein anderes Lokal. Das Fleisch ist superzart und lecker, vielleicht das Beste, was ich jemals gegessen hatte. Leider hatte er nur drei Stück davon, sodass die Kameraden auf andere Gerichte ausweichen müssen. Die sind aber genau so gut. Auch die von uns gewählte Biersorte geht bald zu Ende – auf solch „Andrang“ war der Kerl anscheinend nicht vorbereitet!
Plötzlich steht Jule (eine Freundin von Dirk die in Kathmandu lebt) in der Tür, hat uns gefunden. So findet unsere Truppe doch noch im geplanten Restaurant – von Walther, einem Österreicher geführt – zusammen. Der Abend klingt feucht fröhlich aus.
Na klar habe ich gut geschlafen, hatte ja dreieinhalb Wochen kein Bett. 8.00 Uhr Frühstück, das Yak und Yeti lässt sich nicht lumpen, stellt allerlei Leckereien für jeden Geschmack hin. Nervig ist allerdings das entstehende Chaos, das sich durch die zu vielen Frühstücksgäste entwickelt. Das ist dann auch für den Kaffeekellner nicht mehr zu überblicken.
10.00 Uhr hocken wir uns in den gecharterten Bus und fahren in die alte Königsstadt Bhaktapur. Gleich am Eingang staunen wir nicht schlecht, die nehmen echt stattliche 11 € Eintritt.
Die alte Stadt ist eine Art Museeumsdorf, perfekt restauriert, supersauber, aber eben steril. Zu sehen gibt es zahllose Statuen, Pagoden, Tempelschnitzereien und steinerne Bildhauerei vergangener Zeiten.
Es gibt hier mehr Japaner als Sehenswürdigkeiten.
Schon nach kurzer Zeit, haben wir uns alle aus den Augen verloren.
Etwas später treffe ich Klaus wieder, gehe mit ihm in die Unterstadt.
Gleich neben der höchsten Pagode Nepals, die fünfstöckig und glöckchenbehangen den Platz beherrscht, rufen einige weitere Mitglieder unserer Expedition zu uns herunter. Wir stoßen zu ihnen und bleiben bis zu Mittag auf der Dachterrasse. Noch einmal gibt es Momos, nepalesische Maultaschen.
Zum Abschlussabendessen sind wir von Thamserku ins „La Sherpa“ eingeladen, ein echter Nobelschuppen. Wieder gibt es unglaublich zartes Steak.
Den Absacker nehmen wir in Sams Bar, ein von einer Tirolerin geführter Musikschuppen. Es hat Spaß ohne Ende, der Laden ist voll. Mitternacht ist Schluss, wir bleiben noch länger.
Irgendwann treten wir dann doch den Heimweg an. Kaum draußen auf der Straße verlieren wir uns binnen weniger Minuten. Die Meisten fahren mit Taxi oder Rikscha ins Hotel. Marc und ich laufen. Wir können an einer Straßenecke noch ein Bier erstehen und erwehren uns erfolgreich aller Annäherungsversuche und geheimnisvoll berauschender Angebote der nächtlichen Wesen.
Zurück am Yak und Yeti bleiben wir noch ein wenig in der lauen Nacht sitzen, quatschen mit den Wachmännern und schwatzen ihnen ihre Mützen für ein lustiges Foto ab.
Bald falle ich in mein Bett und in einen tiefen und seligen Schlaf.
Der Flughafen von Kathmandu hatte noch eine Überraschung für uns vorbereitet. Zuerst gab es endloses Gezeter um unser wieder reichliches Übergepäck, einige wurden massiv zur Kasse gebeten.
Dann war unser Gate natürlich das allerletzte in dem langen Gang, wirklich! Die recht windige Tür war mittels Vorhängeschloss gesichert und, oh Wunder, der Schlüssel war weg. Nepal will uns nicht wirklich gehen lassen. Nach einigen Telefonaten kam dann doch einer mit dem Schlüssel.
Am späten Nachmittag fliegen wir nach Abu Dhabi, haben dort fast 5 Stunden Aufenthalt. Der Weiterflug nach München ist nur zur Hälfte belegt. So können wir uns verteilen und einigermaßen bequem schlafen.
In Deutschland werde ich von meiner Frau Annett abgeholt und herzlich begrüßt. Ich bin zu Hause.